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Sonstige

Erinnerung übersetzen - Ein Abend mit Stefan Çapaliku

Çapalikus Roman erzählt eine Coming of Age-Geschichte besonderer Art. Die Handlung ist angesiedelt zwischen dem Religionsverbot von 1967 und dem Tod Enver Hoxhas im Jahre 1985, wobei die eigentliche Handlung mit der Ankunft einer “magischen Kiste” beginnt. Der Fernseher, den der Familienvater aus Jugoslawien mitbringt, ermöglicht den Anschluss an eine verbotene Welt. Doch das Verhältnis zu dieser Außenwelt ist einseitig, das Leben wird konsumiert, anstatt es zu gestalten.


Gleichwohl, die nächtlichen Versammlungen um die “magische Kiste” werden von Çapaliku ebenso wie das heimliche Gebet zum Teil einer Untergrundkultur erklärt, die sich in Shkodra während der ganzen Zeit der Diktatur erhalten habe. Auch der Witz sei Teil dieser Kultur gewesen. Einen solchen teilte Çapaliku am Mittwochabend mit dem Publikum: “Was sollte man tun, wenn plötzlich die Grenzen geöffnet würden?”, fragte er in die Runde. Die Antwort: “Auf einen Baum klettern, um nicht zertrampelt zu werden”. An diese Untergrundkultur zu erinnern, sei ein zentrales Anliegen seines Bildungsromans, erklärte der Autor.


Ob und wie sich diese Erinnerung übersetzen lässt war Gegenstand der Diskussion, die hybrid auf Deutsch und Albanisch stattfand. Abwechselnd lasen Çapaliku und seine deutsche Übersetzerin Zuzana Finger vor, Moderatorin Marsela Likaj führte mit ihren Fragen durch den Abend und forderte Autor und Übersetzerin zum Kommentar auf.


Von den unterschiedlichen Möglichkeiten der Sprache(n) berichtete Çapaliku in einer Anekdote. Während des Übersetzungsprozesses habe Finger ihn gefragt, warum sich die Figuren “mit den Augen schlagen” würden: eine albanische Redewendung für einen Flirtversuch.


Organisiert wurde die Veranstaltung von der Deutschen Botschaft und dem Goethe-Zentrum Tirana.
Sie war Teil der Lichtblicke – Deutsche Wochen 2022.